Sechs Medaillen bei fünf Starts. So lautet die Bilanz der Bremerin Chantal Bausch bei den Winter World Transplant Games im französischen La Chapelle d’Abondance. Zwar steht sie schon seit ihrem dritten Lebensjahr auf Skiern aber an alpinen Wettkämpfen hatte sie bis dato erst einmal teilgenommen. „Anfangs hatte ich doch gehörigen Respekt vor den Wettkampfpisten, aber von Rennen zu Rennen bekam ich ein besseres Gefühl und habe während der Wettkämpfe viel gelernt. Außerdem haben mir die Österreicher sehr viele gute Tipps gegeben z.B. wie ich die Tore anfahren soll.“
Und der „Ski-lehrling“ hatte gut zugehört. Gleich am ersten Wettkampftag sicherte sie sich zwei Silbermedaillen. Beim Riesenslalom hatte sie nach dem ersten Durchgang sogar die Nase vorn. Ein Verbremser in Durchgang zwei kostete ihr aber wertvolle Sekunden und warf sie auf den zweiten Platz zurück. „Platz zwei in meinem ersten Rennen, damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet.“ Weiter ging es dann am Nachmittag mit der 150m-Schussfahrt. Auch hier konnte sie sich den zweiten Platz sichern.
Der nächste Wettkampftag sollte dann ihr Tag werden. Schon nach dem ersten Lauf hatte sie sich einen Vorsprung von sechs Sekunden herausgefahren. Am Ende gewann sie mit elf Sekunden Vorsprung ihren ersten Einzelweltmeistertitel. Als Sahnehäubchen gab es noch die Bronzemedaille in der Teamwertung obendrauf. Auch beim Super-G am folgenden Tag ging die Studentin der Medien- und Kommunikationswissenschaften nicht leer aus. Wieder holte sie sich die Silbermedaille. Nun stand noch ein Wettbewerb aus: der Parallel-Slalom. Hier hatte sie mit der Französin Sara Patrinos eine Hobbyrennläuferin als Konkurrentin. Im Slalom war die Französin noch gestürzt und hatte alle Chancen auf den Titel eingebüßt. Nun standen sich die beiden im Finale direkt gegenüber. „Wie genau kann ich nicht sagen, aber ich habe es schlussendlich dann tatsächlich geschafft sie zu schlagen und habe noch ein letztes Mal Gold gewonnen. Gänsehaut!“
Wer dies liest wird kaum glauben, dass die 21jährige bereits seit neun Jahren mit einem Spenderherz lebt. „Das ich ein neues Herz habe ist für mich kein Grund nicht mehr am Leben teilzunehmen. Im Gegenteil. Ich muss ein paar Verhaltensregeln beachten ansonsten kann ich genauso leben wie alle anderen auch.“ Zu diesen Verhaltensregeln gehört, dass sie nicht im anaeroben Bereich trainieren darf, besonders auf die Hygiene achten muss und auf Lebensmittel wie rohe Nüsse oder Grapefruit verzichtet. Auch sind die Aufwärm- und Erholungszeiten beim Sport länger als bei Sportlern mit gesunden eigenen Herzen.
Gerade mal elf Jahre war sie alt als für die seit ihrem fünften Lebensjahr aktive Hockeyspielerin, schon das Treppensteigen zu einer enormen körperlichen Belastung wurde. „Das kam von einem auf den anderen Tag. Auf einmal bekam ich beim Treppensteigen Luftprobleme. Anfangs dachte ich noch ich hätte eine Grippe.“ Das Chantal heute noch lebt hat sie wohl vor allem der Beharrlichkeit ihrer Mutter zu verdanken die der ärztlichen Diagnose nicht vertraute und mit ihrer Tochter zu einem Kardiologen ging. Noch am selben Tag fand sie sich im Klinikum Links der Weser wieder, wo eine lange Leidenszeit begann. „Eigentlich hatten mich die Ärzte schon abgeschrieben.“ Aber die Vollblutsportlerin gab nicht auf. Monatelang musste sie im Krankenhaus bleiben, da die Medikamente nicht anschlagen. Einmal musste sie im Herzzentrum Berlin, wo sie mittlerweile behandelt wurde, sogar reanimiert werden und bekam ein künstliches Herz.
Im Juni 2005 war es dann soweit, sie bekam ihr Spenderherz. Zwei Monate später die erste Belastung auf dem Ergometer. Die lange quälende Zeit des sich nicht bewegen dürfen war endlich vorbei. Im Dezember dann schon der erste Skiurlaub nach der Transplantation, im Januar zurück in der Schule und sechszehn Monate nachdem sie ihr neues Herz bekommen hatte folgte ihr Comeback beim Hockey. Mittlerweile gehört die Torhüterin zu den Leistungsträgern beim Regionalisten Club zur Vahr.
Nebenbei steht sie noch regelmäßig auf dem Tennisplatz oder schwingt den Golfschläger. Auch hier überaus erfolgreich. Bei den Weltmeisterschaften der Transplantierten im südafrikanischen Durban holt sie sich im vergangenen Sommer den Weltmeistertitel im Tennis-Doppel und die Vizemeisterschaft im Golf. Begonnen hat ihre internationale Sportkarriere vor einem Jahr bei den Österreichischen Skimeisterschaften wo sie auf Anhieb erste im Riesentorlauf wurde. Und sie hat noch viel vor, u.a. stehen die Europäischen Transplantierten und Dialyse Spiele in Polen und im nächsten Jahr World Transplant Games in Argentinien auf dem Plan.
Das erringen von Titeln ist dabei für die 21-jährige nur zweitrangig. „Es macht einfach sehr viel Spaß Teil dieser Veranstaltung zu sein. Außerdem möchte ich durch meine Erfolge auf das Thema Organspende aufmerksam machen und wieder positiv in die Öffentlichkeit bringen und zeigen was eine Organspende bewirken kann. Schön wäre es einmal solch eine Weltmeisterschaft nach Deutschland zu holen, aber dafür fehlt hierzulande noch die nötige Unterstützung. Mein Wunsch: Den Menschen bewusst machen, dass es jeden plötzlich treffen kann. Wen man sich in der Situation befindet, nur mit einem Spenderorgan weiterleben zu können werden die meisten Menschen sich dafür entscheiden. Deshalb sollten die Menschen auch bereit sein ihre Organe im Fall des Hirntodes zu spenden und bis zu 7 Leben zu retten.“ Deshalb engagiert sie sich auch bei TransDia dem deutschen Sportverein für Transplantierte als Pressewart. „Gerne würde ich in Zukunft auch Vorträge zu diesem Thema halten.“ Die nun dreifache Weltmeisterin hat sich von dem schweren Schicksalsschlag nicht unterkriegen lassen und genießt das Leben im hier und jetzt in vollen Zügen.