Als Landestrainer Edgar Eisenkolb vor einigen Jahren seinen Nachwuchssportlern die Frage nach den sportlichen Zielen stellte antworteten gerademal zwei von ihnen, dass sie irgendwann einmal bei den Olympischen Spielen an den Start gehen wollen. Eine davon war Ruth Sophia Spelmeyer. Ein knappes dreiviertel Jahr vor den Spielen in Rio stehen die Chancen für die sympathische Oldenburgerin so gut wie nie zuvor ihren Traum zu verwirklichen.
Dabei wäre die Leichtathletikkarriere der 25jährigen fast schon zu Ende gewesen bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte. Als 10jährige hatte sie beim DSC Oldenburg mit der Leichtathletik begonnen. „Wir haben aber fast nur gespielt und das hat mir nicht so sehr gefallen. Deshalb habe ich wieder aufgehört. Irgendwann habe ich dann aber doch wieder Lust bekommen und meine Eltern gebeten mir eine Trainingsgruppe zu suchen. So bin ich dann mit 14 beim VfL gelandet“, erinnert sie sich an ihre leichtathletischen Anfänge. Anfangs auch noch in den technischen Disziplinen unterwegs kristallisierte sich aber schnell ihre wahre Stärke heraus: das Sprinten. Bereits nach einem Jahr Training unter Trainer Jürgen Wegner konnte sie ihre ersten Titel einfahren. Sowohl über 100 als auch über 300 m wurde sie Landesmeisterin. Hinzu kam der Norddeutsche Titel im Langsprint. „Die 300 m bin ich immer gerne gelaufen. Nur an die 400 habe ich mich lange nicht ran getraut und mich sehr dagegen gewehrt. Als ich sie das erste Mal gelaufen bin, bin ich die Runde mehr gejoggt als gelaufen“, schmunzelt sie.
Drei Jahre nach ihrem ersten Titel gewann sie bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Berlin erstmals einen Deutschen Meistertitel. Damals noch über 200 m. Diesen konnte sie im Jahr darauf verteidigen. Zudem durfte sie bei den Jugend-Europameisterschaften in Novi Sad (Serbien) erstmals das Nationaltrikot tragen. Hatte sie im Einzel als 4. über 200 m eine Medaille noch knapp verpasst, konnte sie sich mit der 4x 100 m Staffel über den Europameistertitel freuen.
Nach bestandenem Abitur zog sie dann 2010 nach Hannover um zu studieren und in der Trainingsgruppe von Landestrainer Edgar Eisenkolb zu trainieren, einer der stärksten Langsprint-Trainingsgruppen Deutschlands. Hier lebt sie mit anderen Spitzensportlern in einer Sportler WG am Olympiastützpunkt Hannover. Eisenkolb erkannte schnell, dass Spelmeyers Zukunft auf der Stadionrunde liegt. „Sie ist die geborene 400 m Läuferin. Es hat aber eine Zeitlang gedauert bis auch sie das für sich akzeptiert hat. Nach gut zweieinhalb Jahren war sie dann auf den 400 m angekommen“, erzählt ihr Trainer. Nachdem sie 2011 erstmals ernsthaft die Stadionrunde angegangen war, musste sie im darauffolgenden Jahr ordentlich Lehrgeld bezahlen. „Es war eine sehr schwierige Zeit für mich da ich kaum Erfolgserlebnisse hatte. Mein Trainer hat mir da sehr geholfen und viel Mut zugesprochen. Die 400 m sind eine Strecke für die man sehr viel Erfahrung braucht“, erinnert sie sich zurück. „Auch heute ist es noch keine Liebe, sondern eher eine Hassliebe“.
In diesem Jahr wurde sie dann endlich für ihr Durchhalten belohnt. Zwei Deutsche Meistertitel und ein vierter Platz bei der Universiade bedeuteten ihre bisher größten sportlichen Erfolge. Dass sie nun bereit ist sich ihren größten sportlichen Wunsch zu erfüllen, da ist sich ihr Trainer sicher. „Was ihre Einstellung und Disziplin zum Sport betrifft ist sie hier in unserer Trainingsgruppe aber auch in Deutschland ein Vorbild. Ihr ganzer Tagesablauf ist auf den Sport ausgerichtet“. Sollte ihre Konkurrentin und Freundin Esther Cremer im Sommer wieder zu alter Form finden, stehen die Chancen auf eine 4x 400 m Staffel bei Olympia gar nicht mal so schlecht. Aber auch im Einzelwettbewerb könnte sich eine Rückkehr der Wattenscheiderin positiv auf die Olympiaträume Spelmeyers auswirken. „Es ist nicht so, dass ich sage ich muss „die“ unbedingt schlagen, aber es hilft schon, wenn man gegen starke Konkurrenz läuft und sich gegenseitig pusht“, freut sie sich auf das erneute Aufeinandertreffen mit Cremer.